Mal Hand aufs Herz: Wer räumt schon seinen Computer auf? Also so richtig aufräumen und nicht dieses „Neuen Ordner erstellen und alles darein verschieben“-Aufräumen. Ein effizienter Prozess mit der 100% Garantie am Ende genau die eine Datei nicht mehr zu finden, die man eigentlich jetzt in diesem Augenblick benötigt.
Grund mehr, an diesem „Clean Out Your Computer Day“ einmal mehr uns dieses ominöse Thema der Digitalisierung genauer anzusehen.
Schließlich ist es ja jener hohe Feiertag der digitalen Hygiene, der uns auffordert, unsere elektronischen Arbeitsplätze aufzuräumen, den Datenmüll zu beseitigen und – so steht es geschrieben – endlich Struktur in das zu bringen, was bislang als „Sonstiges“ abgespeichert wurde, weil man nicht wusste, wohin damit, aber sicher war, dass es nicht gelöscht werden darf, weil: Man weiß ja nie!
Denn hier, im sakralen Tempel der Bürokratie, in den unendlichen Kathedralen der Ausbildungsverwaltung, wo die Digitalisierung nicht etwa die Dinge erleichtert, sondern sie in neue, aufwendig formatierte, vollautomatisiert generierte, aber am Ende trotzdem ausgedruckte PDF-Formulare überführt, ja, hier wissen wir:
Ordnung ist nichts anderes als das kurzzeitige Lügenmärchen der Organisation, bevor das Chaos zurückschlägt.
Und so stehen wir nun vor dem Bildschirm, voller Tatendrang, bereit, den alten Mist zu entsorgen – und scheitern schon an der ersten Hürde: Dem Ordner „Dokumente_final_alt_pruefen_backup_2019_2023_sortieren“.
Betrachten wir doch den Ist-Zustand, denn nichts ist absurder als die Realität.
Die digitale Transformation hat das Ausbildungswesen erfasst, durchdrungen, revolutioniert und – wie ein schlecht durchdachtes IKEA-Regal – direkt wieder in seine Einzelteile zerlegt.
- Wir haben digitale Ausbildungsnachweise! Die werden online geführt, hochmodern, interaktiv – und am Monatsende ausgedruckt, unterschrieben, gelocht und abgeheftet.
- Wir haben digitale Formulare! Die werden als PDFs per Mail verschickt, ausgedruckt, unterschrieben, wieder eingescannt und als neue PDFs zurückgeschickt.
- Wir haben moderne Verwaltungssoftware! Und damit meint man Excel.
Ja, wir leben in einer Welt, in der eine Datei erst dann offiziell ist, wenn sie auf echtem Papier existiert, von echter Tinte berührt wurde und in einem echten Ordner abgeheftet wurde, der in einem echten Regal steht, das irgendwann in einem echten Keller vergessen wird.
Und damit das auch alles seine verdammte Ordnung hat, gibt es Regeln:
- Alles in DIN A4!
- Rand links: 2,5 cm – denn das Auge locht mit!
- Schriftart Arial, Times New Roman oder Verdana – aber wehe, jemand nutzt Calibri!
Nun, wie wirkt sich das aus?
Nehmen wir einen handelsüblichen Auszubildenden im ersten Lehrjahr. Je nach Lust und Laune ein motivierter, zu meist junger Mensch. Digitalisierung ist für ihn ein Begriff den er nicht greifen kann, schließlich gibt es dafür keine App.
- Er dokumentiert seine Berichtshefte digital. Er tippt, speichert, lädt hoch – und bekommt dann den Hinweis: „Bitte am Monatsende ausdrucken, unterschreiben und per Post einreichen.“
- Er stellt einen Urlaubsantrag per App. Ein moderner Prozess! Doch leider kann der Vorgesetzte nur handschriftlich genehmigen, also wird der Antrag ausgedruckt, unterschrieben, gescannt und per Mail zurückgeschickt – wo er dann erneut ausgedruckt wird.
- Er erhält eine Arbeitsanweisung per Microsoft Teams. Doch das reicht nicht! Sie wird parallel als PDF versandt, ausgedruckt und auf seinem Schreibtisch platziert – „damit er sie nicht vergisst.“
Nun existiert dieser auszubildende Mensch in der Norm wahlweise mit einem Ausbilder oder einer Ausbilderin. Ein Geschöpf, das in jener albtraumhaften Maschinerie der Verweigerung gefangen ist:
- Es wird mit drölf Excel-Tabellen gleichzeitig jongliert, um den Ausbildungsplan zu koordinieren.
- Weil jemand aus der IT-Abteilung beschlossen hat, dass „On-Premise und Cloud gleichzeitig betrieben werden müssen – zur Sicherheit!“ – werden zwei verschiedene digitale Ablagen betrieben.
- Und anstelle den Praxisbezug tatkräftig aufzuzeigen, wird mehr Zeit am Drucker als am Arbeitsplatz verbracht. Schließlich weiß ja niemand so genau, ob digitale Unterschriften auch außerhalb des Internets gültig sind.
Und so finden sich beide – Azubi und Ausbilder – in einer kafkaesken Spirale aus Papier, Scannern und hilflosen Versuchen, das alles irgendwie sinnvoll zu nennen.
Aber wie müsste jetzt eine bessere, aufgeräumtere Welt aussehen? Gibt es dann dafür Lösungen? Vielleicht sogar Standards? So mit DIN- oder ISO-Norm?
Eine Welt in der:
- Azubi-Nachweise direkt digital unterzeichnet werden könnten.
- Feedbacks könnten direkt archiviert und später eingesehen werden.
- Aufgaben könnten ohne Zwischenstopp im Drucker verteilt werden.
Und ja, das erfordert Mut!
- Mut, den Locher in Rente zu schicken.
- Mut, den Drucker auf Diät zu setzen.
- Mut, das System zu entrümpeln, anstatt es mit neuen DIN-Vorgaben zu verkomplizieren.
Doch solange der letzte Sachbearbeiter mit letzter Kraft den letzten Ausdruck in den letzten Ordner heftet, wird sich nichts ändern.
Die Digitalisierung kann vieles. Sie kann Prozesse optimieren, Abläufe verschlanken und Nerven schonen. Was sie nicht kann, ist gegen die menschliche Gewohnheit ankämpfen, alles auf Papier zu sichern.
Solange wir Dokumente ausdrucken, nur um sie wieder einzuscannen, bleibt alles beim Alten. Solange Azubis moderne Systeme nutzen und am Ende doch vor einem Stapel Formulare stehen, wird sich nichts ändern.
Und wenn dann doch einer ins Büro kommt und fragt: „Hast du das auch nochmal als PDF zum Ausdrucken?“
Dann atmen wir tief durch, betrachten den Drucker, den Scanner und den Aktenordner – und antworten: „Ja. Natürlich. In Arial. Mit Rand. DIN A4. Denn so will es das System.“
Für alle die, die aber wirklich was verändern wollen. Die Personalakte bei Talent2Go ist papierlos. Dokumente können innerhalb der Applikation eingesehen werden, ohne sie extra herunterzuladen und auszudrucken. Außerdem können bei uns nicht nur die Auszubildende und Ausbilder digital ihre Unterschrift setzen, sondern auch andere Akteure in der Ausbildung.
Es gibt eine bessere Welt jenseits des Ausdrucks – Wir müssten nur aufhören, aus Gewohnheit alles zu drucken.