In den letzten Jahren hat die Debatte um mentale Gesundheit und deren Bedeutung für das Arbeitsleben immer mehr an Relevanz gewonnen. Und das nicht ohne Grund. Die AOK meldete 2018, dass 5,7 von 1000 AOK Krankenversicherten unter Burnout leiden. Aktuelle Forschungen ergaben, dass jede Berufsgruppe von Burnout betroffen sein kann. Aber auch die Anzahl an anderen psychischen Erkrankungen steigt stetig. Psychisch bedingte Fehlzeiten auf der Arbeit werden immer häufiger und viele Arbeitgeber:innen werden mit diesem Umstand konfrontiert, wissen oft aber nicht, inwieweit sie einen Einfluss darauf haben oder ausüben können. Um hier präventiv zu arbeiten, empfehlen Experten schon früh auf die mentale Gesundheit zu achten. Da bietet die Ausbildung regelrecht an.
Hier kommt das Konzept Mindfulness ins Spiel oder anders gesagt: Achtsamkeit. Achtsamkeit bedeutet, im Hier und Jetzt zu leben und Sorgen, sowie störende äußere Einflüsse außen vor zu lassen. Eine Studie die Arbeitnehmer:innen befragte, welche Mindfulness aktiv praktizieren, fand heraus, dass 85% von ihnen dadurch einen besseren Umgang mit Stress gelernt hätten und 82% aller Befragten sich sogar als produktiver betrachten würde. Da ist es nicht weiter verwunderlich, dass Mindfulness mittlerweile in aller Munde und auch in Unternehmen ein gern gewähltes Instrument ist, um die Zufriedenheit und Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu garantieren.
Doch wie lässt sich Mindfulness im Arbeitsalltag umsetzen?
Mindfulness und Mental Health in der Ausbildung
Gerade in der Ausbildung, wenn die Schüler:innen täglich Neues lernen und auch durch die Berufsschule gefordert werden, kann der Stresspegel besonders hoch sein. Oft sehen sich die Auszubildenden mit Erfolgsdruck und hohen Erwartungen konfrontiert und können mit diesen Emotionen nicht adäquat umgehen. Der große Lern-Input und auch Reize aus der Umgebung können zu Überforderung und Unwohlsein führen. Eine ungewohnte Umgebung mit neuen Kolleg:innen und neuer Tagesroutine nach der Schulzeit kann eine weitere Herausforderung darstellen. Auch Konflikte unter den verschiedenen Auszubildenden oder zwischen Auszubildenden und Ausbilder:innen sind möglich und bergen die Gefahr, das Arbeitsklima zu verschlechtern.
Gerade in der Ausbildung bietet es sich daher an, schon früh proaktiv das Thema mentale Gesundheit anzugehen. Denn gesunde Azubis und Mitarbeitende sind nicht nur seltener krank, glücklicher und zufriedener, sondern auch produktiver und wechseln seltener das Unternehmen. Besonders im Zeitalter des Fachkräftemangel können Mindfulness und Mental Health daher einer von vielen kleinen Hebeln sein, um sich positiv als Arbeitgeber zu positionieren und die besten Nachwuchstalente langfristig zu binden.
Darauf sollten Sie als Personaler:in und Ausbildungsleiter:in achten
Es gibt nachgewiesenermaßen einige Faktoren, die für Mindfulness am Arbeitsplatz sorgen und so die mentale Gesundheit der Mitarbeiter:innen verbessern können.
Überlegen Sie bei den folgenden Punkten gerne selbst, inwiefern sie bei Ihnen im Unternehmen schon umgesetzt werden, welche einfachen Veränderungen zu Verbesserungen führen könnten oder wie Sie noch unbeachtete Punkte neu angehen können. Selbstverständlich ist diese Liste nicht allumfassend, sondern soll Ihnen vor allem erste Impulse geben.
Weniger intensive Reize aus der Umgebung
Laut und ununterbrochen klingelnde Telefone, stickige Luft, wenig Licht, enge Räume. Ein dauernd blinkendes Smartphone. Ein E-Mail Postfach, das alle 10 Sekunden mit neuen Benachrichtigungen überschwemmt wird. Das alles sind Faktoren, die die Produktivität und (mentale) Gesundheit der Mitarbeiter:innen und Auszubildenden behindern. Starke Reize in der Umgebung stellen eine große Ablenkung dar und können Stress-Situationen somit noch verschlimmern. Zu diesen Reizen zählen neben Geräuschen, Gerüchen und Visuellem auch die Raumtemperatur. Um eine produktive und angenehme Arbeitsatmosphäre zu schaffen, sollte dafür gesorgt werden, dass die Umgebung der Arbeitenden Konzentration und Ruhe ermöglicht. Leisere Telefone, große Fenster, regelmäßiges Lüften und eine gut eingestellte Raumtemperatur sind hier ein guter Anfang. Offene, freundliche Räume leisten einen guten Beitrag für eine gute Umgebung. Kurz gesagt: Man soll sich bei Ihnen wohlfühlen – auch 8h am Tag.
Regelmäßige Pausen
Studien behaupten, wer regelmäßige Pausen mache, sei produktiver und konzentrierter. Und tatsächlich sind gerade bei Jobs am Computer sogenannte “Bildschirmpausen” eigentlich ein Muss, um die Augen zu entlasten. Auch wird empfohlen alle 90 Minuten mal für 5 Minuten durchzuatmen und das – am besten – ohne Handy. Besonders Auszubildende, denen gesetzlich auch mittags eine längere Pause zusteht, sollten diese möglichst ohne Ausnahme wahrnehmen können, um kurz auszuspannen, Gespräche führen zu können, aber auch Essen und Trinken zu sich zu nehmen. Als Arbeitgeber:in und Personaler:in sollte man also seine Mitarbeiter:innen zu regelmäßigen Pausen motivieren und auch die dafür passenden Gegebenheiten schaffen. Etablieren Sie zum Beispiel einen gemeinsamen Mittagstermin für Ihre Auszubildenden und regen Sie die Kolleg:innen dazu an, mit gutem Beispiel voran zu gehen.
Rückzugsort für Pausen
Viele Arbeitenden machen ihre Pausen am Schreibtisch. Einmal kurz eine Mail beantworten, während man ins Brötchen beißt, noch schnell die Rechnung zuende schreiben, während der Kaffee abkühlt. Am Schreibtisch verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeit und Pause. Das Gehirn und der Geist können sich so nicht wirklich entspannen. Ein Rückzugsort für die Mitarbeiter:innen, wo aktiv abgeschaltet und der Stress ganz nach dem Prinzip der Mindfulness abgeschüttelt werden kann, um danach produktiver und mit gestärktem Geist weiterarbeiten zu können, ist somit anzuraten. Möglich wären hier ein Aufenthaltsraum oder eine Büroküche. Mediziner, die auf Arbeitsmedizin spezialisiert sind, befürworten besonders Pausen an der frischen Luft. Vielleicht gibt es ja einen Innenhof bei Ihnen, eine Terrasse oder einen kleinen Park in der Nähe?
Wertschätzendes Feedback
Um Druck und Anspannung im Lernprozess zu reduzieren und auch selbst einen Eindruck über die mentale Gesundheit der Auszubildenden zu gewinnen, sind regelmäßige Feedbackgespräche ein gutes und wichtiges Instrument. Hier können Sie nicht nur Ihre Azubis motivieren und loben, sondern auch erfragen, wie die Auslastung ist und ob es Probleme gibt. Hier ergibt sich also die Gelegenheit die mentale Gesundheit oder Risikofaktoren für mentale Gesundheit zu überprüfen und Veränderungen oder auch andere Arbeitsverteilungen abzuwägen. Durch das Feedback, welches die Auszubildenden zu ihrer Arbeit erhalten, können diese mit weniger Druck weiterarbeiten und fühlen Wertschätzung ihrer Person gegenüber. Gerade Feedbackgespräche sollten nicht zwischen Tür und Angel stattfinden, daher ist ein regelmäßiger Termin zu empfehlen. So werden Feedbacksessions nicht vergessen – und Sie und Ihre Azubis können sich (mental) darauf vorbereiten. Unsere 10 besten Tipps und Tricks für gute Feedbackgespräche finden Sie hier in unserem Blog.
Gute Atmosphäre im Team
Zu einer guten Arbeitsumgebung gehören nicht nur ein leiser, angenehmer Arbeitsplatz, sondern auch ein gutes Verhältnis zwischen den Azubis und Mitarbeiter:innen. Gerade, wenn es stressige Phasen gibt, das Arbeitspensum hoch ist und die Nerven etwas blank liegen, sollte trotzdem eine gute Kultur gewährleistet werden. Auch bei Konflikten ist es als Personaler:in und Arbeitgeber:in wichtig, auf eine angemessene Konfliktlösung Wert zu legen.
Laut einer Statistik geben 29% der Menschen an, schon mal am Arbeitsplatz gemobbt worden zu sein. Vor allem junge Menschen kommen damit sehr häufig in Berührung. Besonders bei den Auszubildenden sollte man hier also wachsam sein, hinterfragen, ob sie sich wohl und gut aufgenommen fühlen und auf Anzeichen von Streit und Mobbing achten. Sollten sich Mobbingvorwürfe bewahrheiten, ist es wichtig als Personaler:in und Arbeitgeber:in (auch juristisch) zu reagieren.
Seminare und Gruppengespräche
Immer mehr Firmen etablieren Seminare oder auch Gruppengespräche, um Mängel zu benennen und zu ändern oder um Mindfulness zu praktizieren. Auch Teambildungsmaßnahmen finden hier ihren Platz. Eingeladene Referenten und Referentinnen können von Entspannungstechniken am Arbeitsplatz, Achtsamkeitsübungen und guter Arbeitskultur berichten und viele Firmen ziehen auch gerne Supervisoren und Supervisorinnen heran. Letztere können Konflikte in Gruppengesprächen klären, nehmen sich aber auch den Problemen einzelner Mitarbeiter:innen an und können mit Rat und Tat bei Schwierigkeiten und auch schlechter mentaler Gesundheit sowie bei Burnout zur Seite stehen.
Mental Health und Mindfulness sind ein MUSS für die Ausbildung der Zukunft
Es gibt einige Faktoren, die für mehr Mindfulness und auch für eine bessere mentale Gesundheit sorgen können. Als Personaler:in und Arbeitgeber:in können Sie vieles davon beeinflussen. Eine regelmäßige Reflexion und Überprüfung der aktuellen Arbeitsumstände sollte in jedem Fall zu Ihren Standardaufgaben zählen.
Wenn den Auszubildenden und Mitarbeiter:innen eine angenehme Arbeitsumgebung geschaffen wird, bleiben sie Ihrer Firma nicht nur länger erhalten, sondern sie arbeiten auch produktiver und effizienter. Besonders Auszubildende können ihr Potential in einem guten, stress-armen Arbeitsklima besser entfalten und höhere Leistungen erbringen, ohne in die “Burnout-Falle” zu tappen. Ihre heutigen Azubis sind die Fach- und Führungskräfte von morgen. Um sie lange und gesund zu behalten, sollten Sie mentale Gesundheit nicht als kleines Nebenthema abtun, sondern proaktiv angehen. Wissenschaftler:innen und Praktiker:innen sind sich gleichermaßen einig: Der Return-on-Invest ist riesig!
Fazit
Mindfulness und mentale Gesundheit stellen also nicht nur Trendwörter der letzten Jahre, sondern vor allem eine Bereicherung für Firma und Arbeitende dar.