Chief Learning Officer: Wer nimmt die Azubientwicklung in die Hand?

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Chief Learning Officer: Wer nimmt die Azubientwicklung in die Hand?
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Fachkräftemangel, Digitalisierung, Demografischer Wandel: Die Arbeitswelt steht vor tiefgreifenden Veränderungen. Kein Wunder, dass es heute in so gut wie jedem Unternehmen Diskussionen zum Thema Aus- und Weiterbildung gibt. Welche Jobs und Fähigkeiten werden in Zukunft gebraucht? Wie finden wir neuen Nachwuchs und halten bestehende Mitarbeiter:innen? Wie nehmen wir bei diesen Entwicklungen alle mit und wer ist überhaupt für diese Themen verantwortlich?

In diesem Artikel wollen wir uns vor allem die letzte Frage anschauen: Wer befasst sich im Unternehmen mit den Aus- und Weiterbildungsthemen? Wer schafft neue Lernpfade, wenn die Berufsfelder der Zukunft heute noch gar nicht klar sind? Und wie genau kann so eine “Rolle” im Unternehmen aussehen?

Der Chief Learning Officer

Für genau diese Rolle hat sich in den letzten Jahren eine neue Berufsbezeichnung etabliert: Der sogenannte “Chief Learning Officer”. Je nach Unternehmen gibt es hier unterschiedliche Schwerpunkte, im Großen und Ganzen stehen aber vor allem das Lernen und die Personalentwicklung im Fokus.

“Ich sehe Lernen als zentralen Bestandteil unseres Unternehmens”, sagt Max Wessel von SAP. Er ist Chief Learning Officer bei Deutschlands führendem Softwareunternehmen und mit seinem Team für die gesamte Weiterbildung der über 100.000 Mitarbeiter:innen weltweit verantwortlich. Ein Interview mit ihm zu seiner Position, der Rolle von Künstlicher Intelligenz in der Weiterbildung und digitalen Schulungsmöglichkeiten gibt es hier bei Haufe. Wessel bei SAP ist Teil einer wachsenden Zahl von Führungskräften, die sich mit Lernen und Entwicklung befassen. Gemeinsam mit CLO Patrick Hull von Unilever spricht er im Podcast des Weltwirtschaftsforums unter anderem zur entscheidenden Frage: “Wie bringen wir die Menschen dazu, aktiv zu lernen?”.

Dass diese Frage und damit die Rolle von Chief Learning Officern immer wichtiger wird, zeigt sich u.a. an den neuesten Zahlen des “Future of Jobs” Report des Weltwirtschaftsforum oder im D21 Digital-Index.

Großer Entwicklungsbedarf – heute und in Zukunft

Die Ermittlung von Qualifikationsdefiziten und die Weiter- und Neuqualifizierung von Mitarbeiter:innen wird für Unternehmen immer wichtiger. Sechs von zehn Arbeitnehmer:innen werden in den nächsten fünf Jahren bis 2027 eine Weiterbildung benötigen, aber nur die Hälfte hat heute Zugang zu angemessenen Weiterbildungsmöglichkeiten. Das zeigen aktuelle Zahlen des Weltwirtschaftsforums 2023. 60% der befragten Unternehmen geben an, dass eine der größten Hürden für eine erfolgreiche Transformation des Unternehmens “Skills Gaps” sein werden (d.h. Lücken bei bestimmten Fähigkeiten).

Unternehmen scheinen erkannt zu haben, dass sie das Thema Weiterbildung angehen müssen, um fit für die Zukunft zu sein. Bei Arbeitnehmer:innen ist das Thema jedoch noch nicht in der Fläche angekommen, zeigt für Deutschland der Digital Index der Initiative D21. Ein breites Bewusstsein dafür, dass zukünftig immer komplexere digitale Kompetenzen notwendig sein werden, um am (digitalen) Leben teilzuhaben, fehlt. Es zeigt sich, dass Berufstätige besonders die Auswirkungen des Arbeitsweltwandels auf ihr eigenes Berufsleben unterschätzen. Während 80 Prozent von ihnen glauben, bis 2035 könnten ganze Berufe verschwinden, denken nur 19 Prozent, dies könne sie selbst betreffen.

Lebenslanges Lernen wird zum Erfolgsfaktor

Eine ganz wichtige Aufgabe im Unternehmen ist es nun also, nicht nur den eigenen Führungskräften, sondern vor allem der gesamten Belegschaft aufzuzeigen, welche Veränderungen bevorstehen und wie gezielte Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen helfen können, gut für die Zukunft aufgestellt zu sein – als Unternehmen und persönlich als Arbeitnehmer:in.

Die Idee des lebenslangen Lernens sollte man dabei am besten schon früh verankern – angefangen bei den Auszubildenden. Denn bereits in der Ausbildung legen junge Menschen den Grundstein für ihre berufliche Zukunft. Durch eine gezielte Förderung können Azubis ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern und ihre Karrierechancen steigern. Und: Sie als Arbeitgeber:in können sich hier durch attraktive Angebote von Ihren Mitbewerbern abheben und so die besten jungen Talente schon in der Ausbildung an sich binden. Wie genau das konkret aussehen kann und auf was Sie dabei achten sollten, haben wir hier im Talent2Go Blog bereits aufgegriffen. Schauen Sie gerne rein, wenn Sie unseren Artikel zu lebenslangem Lernen in der Ausbildung noch nicht kennen!

Brauchen jetzt alle einen Chief Learning Officer?

Diese Frage scheint bei vielen Unternehmen derzeit im Raum zu stehen. Unsere Position dazu ist eindeutig: In der heutigen sich schnell verändernden Arbeitswelt ist es nicht mehr ausreichend, jemandem einfach den Titel “Chief Learning Officer” zu geben. Stattdessen ist es entscheidend, dass sich eine Person im Unternehmen (oder ein Team) aktiv dafür verantwortlich fühlt, die Aus- und Weiterbildung in die Hand zu nehmen. Insbesondere in Ausbildungsbetrieben spielt diese Rolle eine wichtige und strategische Funktion, und ist daher häufig auch schon in Form von “Ausbildungsleiter:innen” o.ä. vorhanden. Im deutschen System steckt hinter dieser Rolle häufig jedoch ein vorrangig administrativer Job, der nicht immer auch mit Talententdeckung, -entwicklung und -förderung zu tun hat. Gerade in diesen Bereichen liegt das Potenzial, die eigenen Azubis durch gute Karrieremöglichkeiten und Entwicklungsperspektiven nachhaltig an sich zu binden. Der Titel Chief Learning Officer mag daher hier etwas passender sein, denn er stellt das “Lernen” bewusst in den Vordergrund. Ein engagierter Chief Learning Officer – ob er oder sie nun diesen Titel trägt, oder doch klassisch “Ausbildungsleiter:in” heißt – kann eine Vielzahl von Vorteilen für das Unternehmen und die Auszubildenden bieten, indem er oder sie eine umfassende Lernkultur schafft und die individuelle Entwicklung der Auszubildenden fördert. Fünf Punkte sind unserer Erfahrung nach zentral für diese Rolle:

Förderung der Azubientwicklung: Ein Chief Learning Officer kann Programme und Initiativen entwickeln, um die persönliche und berufliche Entwicklung der Auszubildenden zu fördern. Beispielhaft kann z.B. ein Mentoring-Programm eingeführt werden, das den Austausch zwischen erfahrenen Mitarbeiter:innen und Auszubildenden erleichtert.

Implementierung innovativer Lernmethoden: Der Chief Learning Officer kann neue Lernmethoden wie E-Learning-Plattformen oder interaktive Schulungen einführen, um die Effizienz und Wirksamkeit des Ausbildungsprozesses zu steigern. Das klingt spannend für Sie? Dann freuen wir uns über eine Kontaktaufnahme, denn bei Talent2Go haben wir jahrelange Erfahrung damit – u.a. veröffentlicht in unserem Whitepaper “E-Learning in der Ausbildung”.

Förderung des Wissenstransfers: Ein Chief Learning Officer kann den Wissenstransfer zwischen erfahrenen Mitarbeiter:innen und Auszubildenden fördern, um sicherzustellen, dass wertvolles Fachwissen weitergegeben wird. Regelmäßige Teamworkshops können hier ein möglicher Ansatz sein, bei denen Auszubildende von den Erfahrungen und Kenntnissen erfahrener Kolleg:innen profitieren und ihr eigenes Wissen und ihre Perspektive der Generation Z teilen. Gerade jetzt, wo in absehbarer Zukunft viele ältere Beschäftigte in den Ruhestand gehen, kann ein Wissenstransfer von der alten zur neuen Generation ein entscheidender Wettbewerbsvorteil werden!

Kontinuierliches Lernen und Anpassung: Der Chief Learning Officer sollte ein Umfeld schaffen, in dem kontinuierliches Lernen gefördert wird, um den sich ändernden Anforderungen und Technologien gerecht zu werden. Dazu gehören u.a. regelmäßige Schulungen zu neuen Technologien oder branchenspezifischen Entwicklungen, ebenso wie Lernangebote zu Soft Skills.

Schaffung einer Lernkultur: Ein Chief Learning Officer kann eine Lernkultur im Unternehmen fördern, in der das lebenslange Lernen als grundlegende Komponente angesehen wird. Wichtig ist es hier – wie bei allen großen Transformationsprozessen -, dass alle Mitarbeitenden mitgenommen und ihre Wünsche und Sorgen gehört werden. 

Erfolgseigenschaften für einen Chief Learning Officer

Insgesamt ist ein engagierter Chief Learning Officer von unschätzbarem Wert, wenn es darum geht, die Azubientwicklung in Unternehmen voranzutreiben. Was also braucht es für diese Position? 

Innovationsgeist: Ein CLO sollte offen sein für neue Ideen und Technologien, um innovative Lernmethoden, Tools und Arbeitsmethoden einführen zu können. Dies erfordert die Bereitschaft, bestehende Methoden zu hinterfragen und nach kreativen Lösungen zu suchen. Insbesondere im Umgang mit Auszubildenden der Generation Z, die in einer digitalen Welt aufgewachsen sind, ist es wichtig, innovative Ansätze wie E-Learning, Gamification oder mobile Lernplattformen einzusetzen. Der CLO sollte ein tiefes Verständnis für die Bedürfnisse und Lernpräferenzen dieser Generation haben, um die Ausbildung entsprechend anzupassen.

Kommunikations- und Sozialkompetenz: Ein CLO muss über ausgezeichnete Kommunikations- und Sozialkompetenzen verfügen, um eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Azubis und anderen Mitarbeiter:innen zu gewährleisten. Die Generation Z zeichnet sich durch eine hohe Offenheit für Feedback und Interaktion aus. Der CLO sollte in der Lage sein, eine positive Lernumgebung zu schaffen, in der sich alle wohl und unterstützt fühlen. Dies kann durch regelmäßige Feedbackgespräche, offene Kommunikation und Teamarbeit gefördert werden.

Lernorientierung und kontinuierliche Weiterentwicklung: Ein erfolgreicher CLO sollte selbst eine starke Lernorientierung haben und stets nach Möglichkeiten suchen, sein eigenes Wissen und seine Fähigkeiten auszubauen. Der Bildungssektor und die Arbeitswelt unterliegen einem ständigen Wandel, daher ist es wichtig, dass der CLO sich kontinuierlich weiterbildet und auf dem neuesten Stand bleibt. Dies ermöglicht es, relevante Trends und Best Practices in die Ausbildungsstrategie einzubringen und den Auszubildenden ein zeitgemäßes Lernumfeld zu bieten. 

Abschließen möchten wir diesen Blogartikel mit einem Podcast-Tipp:Ein Mensch, der die oben vorgestellten Eigenschaften als Chief Learning Officer zusammenbringt, ist ​​Mohanna Azarmandi. Sie hat sich dem Lernen verschrieben, im wahrsten Sinne des Wortes. Als Vice President for Learning bei CARIAD und ehemalige jüngste Chief Learning Officer bei Microsoft, entwickelt die studierte Psychologin Qualifizierungsstrategien für Mitarbeiter:innen, Kunden und Partner, um Menschen zu helfen, mit der rasanten technologischen Entwicklung Schritt zu halten. Im MyGrandStory Podcast erzählt sie von ihrem Lebensweg, ihren Erfahrungen als Chief Learning Officer und aktuellen Chancen und Herausforderungen dieser Rolle.

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