Cannabis und Ausbildung – das 1×1 für Betriebe

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Cannabis und Ausbildung - das 1x1 für Betriebe
Wie erkenne ich ob mein Azubi Cannabis konsumiert hat und was ist zu tun? Das 1x1 für Betriebe.
Inhaltsverzeichnis

Kaum ein innenpolitisches Thema hat in den letzten Tagen die deutschen Medien so sehr geprägt wie die Legalisierung von Cannabis. Zum 1. April sind zahlreiche neue Regelungen in Kraft getreten, die teils kontrovers diskutiert wurden. Am häufigsten wird Cannabis in der Altersgruppe der 18 bis 24-Jährigen konsumiert. Wir greifen dieses Thema in unserem Blog auf, da genau das die relevante Altersgruppe für Ausbildungsbetriebe ist – und sich mit der Legalisierung für Unternehmen, Ausbildungsleiter:innen aber sicherlich auch für die Azubis selbst die ein oder andere Frage stellt.

Dieser Artikel ist am 15. April 2024 veröffentlicht worden und spiegelt den damaligen Stand der Thematik wider. Er wird fortlaufend aktualisiert.

Der Status Quo

4,5 Millionen Erwachsene haben nach einer Erhebung im Jahr 2021 in den vergangenen 12 Monaten wenigstens einmal Cannabis konsumiert (10,7 Prozent der Männer sowie 6,8 Prozent der Frauen). Am häufigsten wurde Cannabis in der Altersgruppe der 18 bis 24-Jährigen konsumiert. 

Jede:r Vierte zwischen 18 und 25 Jahren hat im vergangenen Jahr mindestens einmal Cannabis konsumiert. (Stand: 2021)

Eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung aus dem Jahr 2021 zeigt, dass Cannabis auch bei Minderjährigen Beliebtheit genießt. Auch hier hat der Cannabiskonsum in den letzten Jahren zugenommen: Der Anteil Jugendlicher im Alter von 12 bis 17 Jahren, die in den letzten zwölf Monaten vor der Befragung Cannabis konsumiert haben, ist von 4,6 Prozent im Jahr 2011 auf 7,6 Prozent im Jahr 2021 angestiegen.

Rechtliche Grundlagen

Diese Zahlen sind einer der Gründe, warum sich die Bundesregierung für ein neues Gesetz entschieden hat. Der Deutsche Bundestag hat am 23. Februar 2024 das Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz) beschlossen. Am 22. März 2024 wurde das Cannabisgesetz im Bundesrat beraten und gebilligt. Die ersten neuen Regelungen sind zum 1. April 2024 in Kraft getreten.

Auf der Webseite der Bundesgesundheitsministeriums heißt es zum Hintergrund, dass die bisherige Drogenpolitik an ihre Grenzen stößt und man trotz des Verbots gestiegene Konsumraten sieht. “Das Gesetz zielt darauf ab, zu einem verbesserten Gesundheitsschutz beizutragen, die cannabisbezogene Aufklärung und Prävention zu stärken, die organisierte Drogenkriminalität einzudämmen sowie den Kinder- und Jugendschutz zu stärken.”

Zentrale Punkte auf einen Blick:

  • Seit dem 1. April 2024 können Erwachsene in Deutschland legal einen Joint rauchen. (Begrenzung der zulässigen Cannabisbesitzmenge auf 25 Gramm pro Erwachsenen, im privaten Bereich)
  • Durch das Cannabisgesetz wird der private Eigenanbau ermöglicht (begrenzt auf drei Cannabispflanzen pro Erwachsener).
  • Anbau in nicht-gewerblichen Anbauvereinigungen unter engen, klar definierten gesetzlichen Rahmenbedingungen möglich.

Darüber hinaus setzt das Gesetz auf einen Ausbau der Präventionsangebote durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA); es gilt ein generelles Werbe- und Sponsoringverbot für Cannabis und Anbauvereinigungen.

Zum Schutz der allgemeinen Bevölkerung und besonders zum Schutz von Kindern und Jugendlichen gibt es besondere Beschränkung des öffentlichen Konsums von Cannabis:

  • Kein Konsum in unmittelbarer Nähe von Personen unter 18 Jahren
  • Kein Konsum in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr
  • Kein Konsum in Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Kinderspielplätzen sowie öffentlich zugänglichen Sportstätten und in deren Sichtweite (d.h. 100 Metern um den Eingangsbereich der genannten Einrichtungen).

Erwerb, Besitz und Anbau von Cannabis ist für Minderjährige weiterhin verboten. Die Weitergabe von Cannabis an Kinder und Jugendliche wird bestraft. Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren dürfen lediglich Cannabis mit einem begrenzten THC-Maximalgehalt von 10 Prozent von Anbauvereinigungen, in denen sie Mitglied sind, zum Eigenkonsum erhalten und die Menge ist auf 30 g pro Monat begrenzt

Gesundheitliche Risiken und Nebenwirkungen

Ergebnisse der Alkoholsurvey 2021 zu Alkohol, Rauchen und Cannabis der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zeigen, dass bei jedem vierten Cannabis-Konsumierenden ein problematischer Konsum besteht. Im Kontext der Ausbildung ist vor allem das Thema Kinder- und Jugendschutz relevant, daher werfen wir hier explizit einen Blick auf gesundheitliche Risiken und Nebenwirkungen von Cannabis für junge Menschen.

Das Bundesgesundheitsministerium schreibt dazu folgendes: “Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sind aufgrund des Reifeprozesses des Gehirns bis zu einem Lebensalter von 25 Jahren besonders anfällig für psychische, physische und soziale Auswirkungen eines langfristigen, aber auch eines kurzfristigen Cannabiskonsums.”

Drei zentrale Fakten aus der aktuellen Forschung haben wir hier zusammengestellt:

  1. Es ist nicht vorauszusehen, wie Cannabis individuell wirkt – es gibt zahlreiche positive Effekte, genauso wie negative. Die negativen Wirkungen sind in erster Linie psychischer Natur.
  2. Langfristiger Cannabiskonsum in hoher Menge erhöht das Risiko, abhängig zu werden. Insbesondere die psychische Abhängigkeit kann stark ausgeprägt sein.
  3. Besonders gefährlich für die Gesundheit ist der Mischkonsum. Insbesondere die Kombination von Cannabis und Alkohol kann sehr belastend für den Kreislauf sein.

Cannabis und die Ausbildung

Da das Thema noch so neu ist, gibt es bisher wenig Informationen zu all den Fragen, die sich Ausbildungsbetriebe, Unternehmer:innen, Ausbildungsleitungen und auch Azubis aktuell womöglich stellen. Einige zentrale Fragen und ihre Antworten haben wir hier zusammengestellt. Sobald es aus der Praxis neue Erfahrungswerte oder eine etablierte Rechtsprechung zu verschiedenen Themen gibt, werden diese Fragen aktualisiert und ggf. ergänzt.

Wie erkenne ich, ob jemand Cannabis konsumiert hat?

Wie bei den meisten Substanzen reagieren nicht alle Menschen genau gleich auf den Konsum. Dennoch gibt es einige kurzfristige Symptome, die bei den meisten Konsument:innen kurzfristig nach einem Cannabiskonsum auftreten. Dazu gehören:

  • Charakteristischer Rauchgeruch
  • Sediertheit, verlangsamte Reflexe
  • Auffallende Gesprächigkeit oder Schweigsamkeit
  • Übertriebene Albernheit, Kichern (oft über für Erwachsene unverständliche Dinge)
  • Gerötete und/oder geschwollene Augen
  • Mundtrockenheit
  • Verringerte Konzentration, verminderte Leistungsfähigkeit, Gedächtnisstörungen
  • Appetitzunahme

Darf im Betrieb ein Joint geraucht werden?

Eine eigene Regelung zum Cannabiskonsum am Arbeitsplatz gibt es nicht. Eindeutig geregelt ist lediglich, dass der Konsum für Minderjährige verboten ist und auch, dass die Weitergabe von Cannabis an Kinder und Jugendliche bestraft wird. Darüber hinaus besteht ein Konsumverbot in unmittelbarer Gegenwart von Minderjährigen.

Ob Regelungen zum Umgang mit Alkohol im Unternehmen auf Cannabis übertragen werden, hängt vom Einzelfall ab. Die Informationsseite betriebsrat.de schreibt folgendes: “Verbieten kann der Arbeitgeber den Konsum von Cannabis am Arbeitsplatz durch interne Regelungen mit Zustimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG – ebenso, wie es bereits bei Alkohol der Fall ist. Wichtig: Beschäftigte sind dazu verpflichtet, ihre Arbeit ordnungsgemäß auszuführen und ihre Arbeitsfähigkeit auch nicht durch Drogenkonsum zu beeinträchtigen. Der Konsum von legalen Drogen wie Alkohol oder Cannabis darf andere nicht gefährden. Es geht also auch um die Verhütung von Arbeitsunfällen.”

Der Betriebsarztservie empfiehlt: “Arbeitgeber sollten klare Leitlinien für den Umgang mit Cannabis am Arbeitsplatz festlegen, darunter das Verbot des Konsums während der Arbeitszeit und der Festlegung eindeutiger Konsequenzen für Verstöße gegen die Regelungen. Dabei muss die Gefährdungsbeurteilung bezüglich Cannabis aktualisiert werden.” Auch die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV) positioniert sich hier sehr klar und setzt sich dafür ein, Alkohol und Cannabis am Arbeitsplatz gleich zu behandeln. Sie betont, dass jeglicher Konsum, der zur Gefährdung am Arbeitsplatz führen könnte, ausgeschlossen sein sollte.

Darf in der Berufsschule geraucht werden?

Das neue Gesetz regelt klar, dass in und um Schulen nicht geraucht werden darf. In der Berufsschule bleibt der Joint damit auch mit der neuen Regelung verboten.

Wie kann sich Cannabiskonsum auf die Schulleistungen auswirken?

Insbesondere die sozialen Folgen können für junge Menschen besonders schwerwiegend sein. Ein dauerhafter und intensiver Cannabiskonsum kann zu allgemeinen Rückzugstendenzen führen – mit zum Teil fatalen Folgen für die Jugendlichen. Das BMG resümiert: “Cannabis-Konsumierende haben eine höhere Schulabbruchrate, eine geringere Beteiligung an universitärer Ausbildung und weniger akademische Abschlüsse. Die Effekte sind stärker bei frühem Beginn des Konsums und hohem Konsum.”

Cannabis und Autofahren – geht das zusammen?

Erstmal ändert sich nichts:  Bei wem der Cannabis-Wirkstoff THC nachgewiesen wird, auch wenn der Konsum Tage zurückliegt, der begeht eine Ordnungswidrigkeit. Eine Expertenkommission des Bundesverkehrsministeriums (BMDV) hat Ende März  Empfehlungen zu einem THC-Grenzwert vorgelegt, jedoch gab es hier noch keine gesetzlichen Anpassungen. Bis zur entsprechenden Änderung des Straßenverkehrsgesetzes gelten die aktuellen Vorgaben.

Wie kann ich im Betrieb Informationsangebote schaffen?

Es ist wichtig und sinnvoll, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter:innen und gerade auch ihre Azubis über die Auswirkungen der Legalisierung von Cannabis informieren. Im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements können beispielsweise Schulungen und Sensibilisierungsmaßnahmen dazu beitragen, neues Wissen zu schaffen und die unternehmenseigenen Regelungen zu besprechen.

Bei allgemeinen Informationen muss das Rad nicht neu erfunden werden, da es bereits zahlreiche Informationsangebote gibt – von Broschüren öffentlicher Stellen, über Instagram-Kanäle bis hin zum drugcom-Selbsttest, bei dem Jugendliche herausfinden, wie riskant der eigene Konsum ist. Grundsätzlich gilt: Alleinige Abschreckung funktioniert nicht. Präventionsarbeit in Bezug auf Cannabis meint Wissensvermittlung. Sprechen Sie mit den Azubis (und mit allen anderen Mitarbeitenden) sachlich über alle möglichen Konsequenzen – sowohl gesundheitlicher als auch sozialer Art.

Die Digitale Tool Box des BMG umfasst verschiedene Kommunikations- und Informationsmaterialien wie Flyer zum Cannabisgesetz und Plakate, die beispielsweise in Schulen, Vereinen o. ä. genutzt werden können: https://www.infos-cannabis.de/ 

Wie geht es jetzt weiter?

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass das Gesetz nach seinem Inkrafttreten hinsichtlich seiner gesellschaftlichen Auswirkungen evaluiert wird. Bereits 18 Monate nach Inkrafttreten soll eine erste Evaluation vorgelegt werden, die die Auswirkungen auf den Kinder- und Jugendschutz im ersten Jahr, einschließlich der Auswirkungen auf das Konsumverhalten von Kindern und Jugendlichen betrachtet.

Es bleibt also weiterhin ein spannendes Thema, was wir natürlich auch bei Talent2Go im Auge behalten werden.

Weitere Informationen zum Thema

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat eine Themenseite zum neuen Cannabisgesetz eingerichtet, auf der häufige Fragen (FAQs) beantwortet werden: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/cannabis/faq-cannabisgesetz

Im August 2023 hat das BMG eine gezielte Informationskampagne für Jugendliche und junge Erwachsene gestartet, die diese vor den gesundheitlichen und sozialen Risiken des Cannabiskonsums warnen soll (www.infos-cannabis.de).

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat ebenfalls eine eigene Infoseite rund um das Thema Cannabis angelegt. Die Informationen sind für drei Zielgruppen aufbereitet – Kinder/Jugendliche, Eltern und Fach-/Lehrkräfte: https://www.cannabispraevention.de/ 

Bereits 2018 hat die BZgA einen kostenfreien Leitfaden entwickelt, der sich mit dem Thema “Schule und Cannabis” auseinandersetzt. Er ist hier erhältlich “Schule und Cannabis. Regeln, Maßnahmen, Frühintervention. Leitfaden für Schulen und Lehrkräfte”: https://shop.bzga.de/schule-und-cannabis-regeln-massnahmen-fruehintervention-ein-leitf-20460000/ 

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